Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Bürgermeister, liebe Verwaltung, liebe Bürgerinnen und Bürger,
über weite Teile dieses Jahres spürte ich eine Müdigkeit, eine Erschöpfung. Die Pandemie und ihre Auswirkungen zehren an der Substanz der Menschen und unserer Gesellschaft. Doch zwischen den Phasen der Erschöpfung kommt es zu Ausschlägen des Hasses, ähnlich einem unruhigen EKG. Jeder Versuch der Politik und der gesellschaftlichen Mehrheit, die Gesamtheit zu beschützen schlägt über in blinden Hass. Auch persönlich war ich dieses Jahr davon betroffen, nachdem ich mich mehrfach öffentlich u.a. für die Impfung ausgesprochen habe, erhielt ich Nachrichten mit Drohungen wie:
„Hätte gute Lust sie bei nächster Gelegenheit öffentlich anzuspucken!“, „Sind Sie der Vollidiot, der sich in den Nachrichten geäußert hat, ich könnte Ihnen eine reinhauen!“, „Ich lasse mir diesen Dreck nicht spritzen, du gehirngewaschenes Opfer der Regierung.“ Die Liste der Zitate ist nahezu abendfüllend.
Der Politikwissenschaftler Manfred Schmidt der Universität Heidelberg definiert wie folgt: „Eine Krise ist im Allgemeinen ein Höhepunkt oder Wendepunkt einer gefährlichen Konfliktentwicklung in einem natürlichen oder sozialen System, dem eine massive und problematische Funktionsstörung über einen gewissen Zeitraum vorausging und der eher kürzer als länger andauert.“ (Manfred G. Schmidt: Wörterbuch zur Politik. 3. Auflage, Stuttgart 2010.)
Es ist nicht länger das Virus, das die meisten Opfer fordert und die Krise ins Endlose treibt, es ist der zügellose Hass, die Desinformation, die unregulierten sozialen Netzwerke, die Hetzern und Verschwörungstheoretikern ungeahnte Reichweite verschaffen. Das Coronavirus tötet Menschen – auch in Unterhaching, doch diejenigen, die Verharmlosen, Verhindern und Verwirren sind für die Geschwindigkeit und die Dramatik der Lage mitverantwortlich.
Die Politik muss Konsequenzen ziehen, sie muss sich besser erklären, näher an der Wissenschaft agieren, denn das Vertrauen in die Regierenden, ist von größter Wichtigkeit. Doch die Politik muss auch Regulieren und das Gewaltmonopol des Staates in fester Hand behalten. Diejenigen die unsere Gesellschaft spalten zu ersuchen müssen gehindert werden und den Austrieben des Internets Einhalt geboten werden.
In der Krise hat die Politik die logische Tendenz Exekutiv-lastig zu werden, ein Zustand, welcher für die mittlere Frist dem repräsentativen Charakter unserer Demokratie abträglich ist. Auch wir im Gemeinderat sind hiervon betroffen, verkürzen Tagesordnungen, stellen Themen zurück, nicht zwingend zum allgemeinen Vorteil. Wir haben dieses Jahr unsere eigenen Möglichkeiten, Sitzungen probeweise auch digital durchführen zu können, ohne Not beschnitten, im Zuge der Pandemie einer der Punkte, der mich schmerzt und für die Bevölkerung nicht verständlich ist. Doch vielleicht gibt es eine Chance, auch diesen Fehler im neuen Jahr zu korrigieren, denn niemand weiß, ob diese Krise wirklich „eher kürzer als länger andauert“ und wie viele Varianten und Impfstoffanpassungen uns noch bevorstehen. Ich möchte herzlich darum werben, hierüber noch einmal zu sprechen, es zumindest zu probieren, die Unterhachingerinnen und Unterhachinger verdienen einen uneingeschränkten, funktionierenden und pluralistischen Gemeinderat, für den sie gewählt haben.
Auch möchte ich im Zuge der gesellschaftlichen Spaltung durch extremistische Randgruppen dafür werben, sich gemeinschaftlich, als überzeugte Demokraten diesen Verwerfungen entgegenzustellen und persönliche Befindlichkeiten nicht über das Gemeinwohl zu stellen, ganz im Sinne einer weihnachtlichen Nächstenliebe.
Am Anfang sprach ich von der Erschöpfung, durchbrochen vom Hass, doch das ist nur eine Seite der Krise. Die Pandemie und die gesellschaftlichen Herausforderungen zeigen unsere Menschheit und unsere Gesellschaft auch von ihrer besten Seite. Unglaubliche technologische Entwicklungen wie die mRNA-Technologie, aufopferungsvolle Arbeit für die Menschen in den Intensivstationen, in den Impfzentren, den Schulen, den Kindergärten, allen sozialen Einrichtungen, aber auch den Firmen, eine Explosion ehrenamtlichen und selbstlosen Engagements. Ich bin unendlich dankbar, dass diese Seite unserer Gesellschaft sich in einer überwältigenden Mehrheit manifestiert. Ganz ausdrücklich möchte ich allen Mitarbeitenden in der Gemeindeverwaltung, der Freiwilligen Feuerwehr, unseren Schulen, Kindergärten und Kitas, den Hilfsdiensten, den ehrenamtlich und hauptamtlich engagierten Menschen in
TSV, vhs, Musikschule, Nachbarschaftshilfe, aber auch meinen geschätzten Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat und unzähligen weiteren Menschen in allen Funktionen und Feldern danken, Sie alle sind es, die unserer Gesellschaft Zusammenhalt, Nächstenliebe, Verständnis und Geborgenheit geben. Sie sind es, die dafür kämpfen, in der Krise aus dem Höhepunkt eines Konflikts einen Wendepunkt zu schaffen.
Für das kommende Jahr freue ich mich auf eine noch bessere Zusammenarbeit im Gremium, auf tolerante und belebte, bodenständige Debatten, auf ein menschliches Miteinander und ein Unterhachinger Füreinander.
In diesem Sinne wünsche ich für Sie alle und Ihren Familien auch im Namen meiner Fraktion von Herzen Gesundheit, Geborgenheit und ein besinnliches Weihnachtsfest.
Wir spenden geschlossen als CSU-Fraktion unser heutiges Sitzungsgeld an den Verein Zwergerl & Partner e.V. um die Kinder, die in dieser Krise oft zu kurz gekommen sind, zu unterstützen.
Frohe Weihnachten
Korbinian Rausch (Fraktionsvorsitzender der CSU-Gemeinderatsfraktion Unterhaching)